Bereits Anfang März kann der Naturliebhaber von
seinen Spaziergängen durch die Trippstadter Landschaft Heilkräuter und
Wildgemüse mit nach Hause nehmen. Naturbewusste Menschen und Kräuterkundige
tragen bestimmt nicht zur Ausrottung oder Gefährdung einer Pflanzenart bei,
sehen sie doch Wildkräuter als ein Geschenk von Mutter Natur an und begehen an
ihr keinen Raubbau. Denn eine alte Weisheit der Wurzel und Kräuterkundigen
sagt: „Man schützt, was man schätzt.“
Die meisten Wildgemüse sammelt man im Frühjahr und im
Frühsommer, Heilkräuter bis in den Herbst hinein. Im Frühjahr sind die
Pflanzengewebe besonders saftig und zart, sie erhalten viel Eiweiß, während sie
im Hochsommer und Herbst bereits zäh und trocken schmecken. Auch haben wir im
Frühling den größeren Bedarf an frischem Grün mit seinen Vitaminen, Mineralien
und Spurenelementen. Wohl zieht es uns zu dieser Zeit auch besonders stark
hinaus in die erwachende Natur, um Teil zu haben an ihrem nun ständig
wachsenden grünem Kleid.
In früheren Zeiten war das Band, das den Menschen
mit der Natur verband, weitaus enger geknotet als dies heute der Fall ist. Der
Mensch von heute täte sich zweifelsohne etwas Gutes an, würde er das alte Band
Natur – Mensch wieder enger binden und somit wieder in einen natürlichen
Kreislauf eintreten. Jahrtausende lang war die Pflanze das einzige Heilmittel,
das der Mensch kannte und nutzte. Ohne chemische und pharmakologische
Kenntnisse zu besitzen, verließ sich der frühe Mensch auf seinen gut
entwickelten natürlichen Spürsinn auf seine Intuition, wenn er Heilkräuter und
Heilgemüse sammelte. Vergessen wir nicht, dass sich unter unseren heimischen
Pflanzenarten auch einige sehr giftige befinden.
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Zeichnung/Copyrights Ute Knieriemen-Wagner |
Wie nun könnten unsere Vorfahren zu ihrem
Kräuterwissen gekommen sein? Wir wissen von Heilkräuterrezepten aus ältester,
vorwissenschaftlicher Zeit, die exakt mit den neuesten wissenschaftlichen
Forschungen übereinstimmen. So wurde zum Beispiel der Baldrian schon im 9.
Jahrhundert vor Chr. als Heilpflanze mit beruhigender Wirkung erwähnt. Doch
erst Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836) konnte dies wissenschaftlich
nachweisen. Gewiss hat die Beobachtung der Tierwelt mit dazu beigetragen, dass
sich der Mensch sein Wissen über Kräuter selbst beibringen konnte und mit der
Zeit spezialisierten sich einige, wurden zu Schamanen und Kräuterkundigen.
Wir wissen, dass Hunde und Katzen ihr Bauchweh mit
spitzen Gräsern lindern und dass kranke Schafe Schafgarbenkraut fressen. Ein an
Bilsenkrautvergiftung leidender Eber heilt sich mit Hilfe der frischen
Eberwurz. Mäuse legen sich gerne einen Vorrat an Pfefferminzen an, um im Winter
leistungsfähig zu bleiben. Bären stärken sich in den ersten Frühlingstagen mit
dem würzigen Bärlauchkraut.
Ameisen pflanzen über ihren Wohnungen Thymian an.
Verletzte Gemsen wälzen sich im Alpenwegerich. Die Schwalben öffnen ihren
ausgeschlüpften Jungen die Augen mit dem Saft des Schöllkrautes. Die Dohle hält
ihr Nest mit Tomatenblättern von Flöhen frei. An Gliedsucht leidende Kühe
betten sich in Hahnenfuß, während die von der Schlange gebissene Eidechse
Heilung bei der Kamille sucht.
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Zeichnung/Copyrights Ute Knieriemen-Wagner |
Einige dieser Beispiele mögen dem Volksglauben
entstammen, andere wiederum stützen sich auf wissenschaftliche
Forschungsergebnisse. Sicher aber dürfte sein, dass der Mensch die Grundlage
seiner Volksmedizin über das Verhalten der Tiere fand. Ein wesentlicher Faktor
für die Gesundheit unserer Vorfahren bildete unter anderem auch das Wildgemüse, das sie im Frühjahr zu sich nahmen. Bereits im März dienten ihnen Bärlauch,
Brunnenkresse und Löwenzahn nicht nur als Nahrung, sondern sie vermochten
gleichzeitig, den Körper zu beleben und ihn nach einem langen und harten Winter
wieder widerstandsfähig zu machen. Im Juni gab es den Fenchel und den
Bitterklee, im Juli folgten Borretsch, Eibisch und Melisse. Im August Majoran,
Thymian und Labkraut. Im Herbst war dann Beeren- und Pilzzeit.
Tausende von Jahren hatte der Mensch kein anderes
Heilmittel gekannt außer Pflanzen. Und noch bei Paracelsus lesen wir:
"Eure Wiesen, Hügel und Matten sind Apotheken". Eines der
beliebtesten Wildgemüse ist der Bärlauch. Er blüht von Mitte März bis Juli,
geerntet wird er vor der Blüte. Kleingehackt verwendet man ihn zu Salaten,
Saucen und Suppen. Er gibt auch ein vorzügliches Gemüse ab. Sein Knoblauch
ähnlicher Geschmack ist milder als beim Gartenknoblauch und verursacht mäßig
genossen keinen üblen Geruch. Die Brennnessel ist jedem als Heilkraut bekannt.
Im März und April geerntet, kann man einen vorzüglichen Spinat daraus
herstellen. Den Sauerampfer benutzt man als Suppengemüse und Spinat. Er ergibt
einen sehr guten Salat. Die Vogel-Sternmiere wächst fast das ganze Jahr über,
man nutzt dieses vitaminreiche Kraut als Beigabe in Suppen, Gemüse und Salaten.
Beim vitaminreichen Scharbockskraut muss man aufpassen. Man darf es nur vor der
Blüte verwenden. Die Blütenknospe, Blätter und Stengelspitzen kann man zu
Gemüse kochen. Die Blütenknospen in Essig eingelegt, ergeben eine
kapernähnliche Beilage zu Fleischgerichten. Eine sehr aromatische Pflanze ist
der "Hederich" unser heimischer Acker-Rettich. Vor der Blüte sammelt
man die jungen Blätter und Sprossen, welche nach Abkochen in Salzwasser als
Gemüse oder würzende Beigabe gegessen werden. Die Samen können zu einem
aromatischen Senf verarbeitet werden.
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Zeichnung/Copyrights Ute Knieriemen-Wagner |
Der Gemeine Frauenmantel, ein bekanntes Heilkraut
eignet sich für Salate. Die säuerlich schmeckenden Blätter des Wiesenklees
verwendet man ebenfalls für Salate, aber auch für Kräutersuppen und Gemüse.
Eingelegt in Zucker bekommen sie ein besonderes Aroma. Ziest, Wegerich,
Gänseblümchen und Löwenzahn zählen zu den klassischen Wildgemüsepflanzen. Der
Wiesenbocksbart, eine gelblich blühende Wildblume, ist eine sehr vielseitig verwendbare
Pflanze. Die Wurzeln werden wie Schwarzwurzeln zubereitet, die jungen Sprossen
ergeben ein Spargel ähnliches Gericht, die zuckerhaltigen Blätter können roh
gegessen oder auch wie Spinat zubereitet werden. Die Artenvielfalt unserer
heimischen Wildpflanzen, die wir als Speisepflanzen verwenden können, ist groß,
die hier beschriebenen Pflanzen sind nur eine kleine Auswahl.
Alle hier beschriebenen Arten werden auch im
getrockneten Zustand als Heiltees genutzt. Dies hatte wohl auch der bekannte
Schweizer Kräuterpfarrer Künzle gewusst als er schrieb: "Eure Nahrung soll
Heilnahrung sein". Denn jede Pflanze stellt selbst eine Ganzheit dar und
ein ganzheitliches Mittel wird einer ganzheitlichen Gesundheit dienen.
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